BILCO2 – das Kaltband

mit reduziertem CO2-Fußabdruck der BILSTEIN GROUP


Der Klimawandel geht uns alle an. Je schneller die Stahlindustrie mit den nachfolgenden Verarbeitungsstufen als einer der wesentlichen Emittenten von Treibhausgasen hier Fortschritte erzielt, desto besser für uns alle. Ambitionierte Projekte wie BILCO2 helfen auf diesem Weg. Mit BILCO2 haben wir seit Spätsommer 2023 Kaltband mit einem deutlich reduzierten CO2-Fußabdruck im Portfolio.

In dem Produktnamen BILCO2 verbindet sich unser gesamtes Know-how seit den Anfängen als BILSTEIN & Co. (kurz: BILCO) im Jahr 1911 mit unserer Vision: der massiven Reduzierung des CO2-Fußabdrucks unserer Stahlprodukte.

Produktdetails


Wir bieten BILCO2 für alle unsere Produkte und Stahlgüten an, sowohl bei BILSTEIN als auch bei HUGO VOGELSANG.

Unsere Kunden können CO2-reduzierten Stahl in drei Stufen wählen – und das ohne jegliche Einschränkungen, beispielsweise hinsichtlich der Rohstoffherkunft, Güte, Menge und Abmessung:


  • 2.000 kg CO2e / t
  • 1.500 kg CO2e / t
  • 1.000 kg CO2e / t


Die Grundlagen von BILCO2


Das Bilanzmodell


Ein Ansatz zur Reduzierung des CO2-Fußabdrucks von Stahlprodukten, der sich zunehmend in der gesamten Wertschöpfungskette der Stahlindustrie etabliert, ist das Bilanzmodell. Auch wir haben dieses Modell implementiert. Denn der bilanzielle Ansatz ist zurzeit die einzige praktikable und rechtssichere Möglichkeit, unsere Kunden reproduzierbar mit CO2-reduziertem Kaltband zu versorgen.

Das Grundprinzip hinter dem Bilanzmodell ist einfach: Der bilanzielle Ansatz sammelt sämtliche produktionsbedingten CO2-Einsparungen, die über verschiedene Maßnahmen entlang der Prozesskette gewonnen werden. Optimierungen, die wir ohnehin aus ökonomischen Gründen umgesetzt hätten, rechnen wir nicht mit ein – es müssen zusätzliche Maßnahmen speziell zur Reduktion der Treibhausgasemissionen sein. Diese Reduktionsmengen werden von einem unabhängigen Dritten geprüft und virtuell gesammelt. Diesem „Speicher“ lassen sich dann die real
erzielten Einsparungen rechnerisch entnehmen und auf die jeweiligen Produkte anrechnen. Unser Bilanzierungsmodell wurde durch den externen Zertifizierer GUTcert überprüft und 2023 validiert.

Der Product Carbon Footprint (PCF) als Ausgangsbasis


Das Bilanzmodell bezieht sich immer auf den jeweiligen Product Carbon Footprint (PCF) – also den produktspezifischen CO2-Fußabdruck – im Vergleich zu einem möglichst aktuellen und repräsentativen Basiszeitraum. Auf welchen Anlagen wird produziert? Wie hoch ist der Grünstrom-Anteil? Welcher Energieträger wird in welcher Menge eingesetzt? Faktoren wie diese bestimmen den PCF, der jedes Jahr mit Vorlage der aktuellen Emissionsfaktoren ab November neu berechnet wird.

Um für jedes unserer über 7.000 einzelnen Kaltband-Produkte den PCF berechnen zu können, haben wir ein validiertes Tool entwickelt. Die Validierung für alle deutschen Werke der BILSTEIN GROUP und damit für unser gesamtes Produktportfolio erfolgte erstmals im Jahr 2023 über den akkreditierten Zertifizierer GUTcert und wird jährlich aktualisiert. Die produktspezifischen PCFs werden dabei im Einklang mit dem GHG Product Standard und der ISO 14067 berechnet.



Für das Berichtsjahr 2021 ergibt sich …
… für alle Werke von BILSTEIN ein mengengewichteter Mittelwert von 2.361 kg CO2e / t.
… für alle Werke von HUGO VOGELSANG ein mengengewichteter Mittelwert von 2.636 kg CO2e / t.

CO2-„Gutschrift“ auf Produkte anrechnen


Die innerhalb der Wertschöpfungskette in den realen Prozessen erzielten CO2-Reduktionen können wir über den Bilanzierungsansatz auf jedes gewünschte Produkt anrechnen. Der große Vorteil: Wenn Kunden besondere Güten brauchen, die Vormaterialhersteller jedoch nicht CO2-reduziert anbieten, können wir mit dem Bilanzmodell die gewünschte CO2-Einsparung trotzdem weitergeben. Denn die Einsparungen sind an anderer Stelle im Prozess tatsächlich erfolgt.

Auf dem Weg zu „grünen“ Stahlprodukten:

Wie reduzieren wir den CO2-Fußabdruck unseres Kaltbands?


Drei Kernmaßnahmen

BILCO2 umfasst drei zentrale CO2-Einsparmaßnahmen, die im Rahmen des Bilanzmodells auf die Produkte angerechnet werden:

  • Einsatz von CO2-reduziertem Vormaterial mit belastbaren externen Bestätigungen
  • Einsatz von regenerativ erzeugtem Strom
  • Mittelfristig der Einsatz von CO2-neutral erzeugtem Wasserstoff als Substitution von Erdgas

Die so erzielten realen CO2-Einsparungen summieren sich im Sinne des Bilanzmodells in einem virtuellen Speicher und lassen sich auf alle Produkte der BILSTEIN GROUP an- und umrechnen.

Im Detail sieht das so aus: Aus Vormaterial mit Zertifikat, sprich aus CO2-reduziertem Warmband, fließen die CO2-Einsparungen in einen virtuellen Speicher. Gleiches geschieht mit den CO2-Einsparungen, die durch den Einsatz von Strom aus erneuerbaren Energien und – sobald verfügbar – CO2-frei erzeugtem Wasserstoff (H2) erzielt werden. Aus diesem Speicher können wir dann die CO2-Einsparungen an unsere Kunden weitergeben.

Grüner Wasserstoff


Eine entscheidende Voraussetzung für eine klimaneutrale Stahlproduktion und -verarbeitung ist es, erneuerbare Energien zu nutzen. Ein hoch spannender Lösungsansatz besteht darin, von Erdgas auf Wasserstoff umzustellen. So ist heute ein wesentlicher Verursacher von CO2-Emissionen in der Stahlverarbeitung die Erzeugung von Prozesswärme durch das Verbrennen von Erdgas. Wir benötigen Prozesswärme beispielsweise beim Glühen und Vergüten des Stahls. Technisch ist es möglich, unsere Haubenglühanlagen mittels Modifikation der Brenner auch mit Wasserstoff zu betreiben. Die weltweit erste wasserstoffbasierte und damit lokal CO2-neutrale Wärmebehandlung von rund 100 t Kaltband in einer Haubenglühe haben wir Mitte Mai 2023 erfolgreich realisiert. Wird hierzu CO2-neutral erzeugter Wasserstoff verwendet, lassen sich die CO2-Emissionen in unserer Fertigung deutlich senken.

CO2-neutral erzeugter Wasserstoff ist zurzeit allerdings nur in geringen Mengen verfügbar. Damit solcher Wasserstoff zeitnah ins Lennetal kommt, haben wir uns bereits 2021 zusammen mit weiteren Unternehmen und Netzbetreibern aus der Region zum Projekt „Zukunft RuH2r“ zusammengeschlossen. Diese Initiative soll in den kommenden Jahren den Aufbau einer leistungsfähigen grünen Wasserstoffinfrastruktur in unserer Region vorantreiben.

Ressourcenschonend produzieren

Darüber hinaus arbeiten wir seit Jahrzehnten daran, behutsam mit Ressourcen umzugehen, und setzen schon heute Maßstäbe in puncto Energieeffizienz. Hier haben wir konsequent und dauerhaft folgende Aspekte im Fokus:


  • Optimierung der Produktionsprozesse gemeinsam mit Kunden
  • Weiterentwicklung der Produktionstechnologien zusammen mit Zulieferern
  • Ausbau des unternehmenseigenen Wärmerückgewinnungssystems
    Hierzu haben wir beispielsweise innovative Technologielösungen wie eine Organic-Rankine-Cycle(ORC)-Anlage in den Glühprozess integriert, die sogar durch das Bundesumweltministerium im Rahmen des Umweltinnovationsprogramms gefördert und durch die KlimaExpo.NRW ausgezeichnet wurde.
  • Fortführung der Dekarbonisierungsstrategie z. B. durch die perspektivische Umstellung von Erdgas auf Wasserstoff

Diese Maßnahmen werden zwar nicht in das Bilanzmodell selbst hineingerechnet, sie wirken sich aber positiv auf die Berechnungsgrundlage – den PCF – aus. Dieser liegt dank der ressourcenschonenden Auslegung unserer Produktionsprozesse bei einem besseren Wert als ohne eine entsprechend nachhaltige Ausrichtung. So muss in Folge auch weniger von der im virtuellen Speicher vorhandenen CO2-„Gutschrift“ „entwertet“ werden, um auf den final gewünschten Emissionswert zu kommen.


Vormaterialversorgung der Zukunft

Um den CO2-Fußabdruck unserer eigenen Produkte nachhaltig zu verringern, liegt für uns der größte Hebel im Einkauf von CO2-reduziertem Warmband. Denn weit über 90 % des CO2-Fußabdrucks unserer Kaltband-Coils entstehen bereits in der vorgelagerten Prozesskette. Entsprechend sind wir in engem Austausch mit allen Lieferanten. Ziel der abgeschlossenen Verträge ist es, den zeitnahen wie langfristigen Bezug signifikanter Mengen an CO2-reduzierten Stahlgüten zu sichern.

Aktuell sind die Mengen an verfügbarem „grünen“ Stahl allerdings noch recht überschaubar. Ambitionierte Projekte wie das des schwedischen Start-ups H2 Green Steel helfen dabei, die Transformation der Stahlindustrie zu forcieren. Der neue Stahlerzeuger garantiert weitgehend CO2-neutral erzeugten Stahl. Als früher Investor in H2 Green Steel sind wir einer der ersten Kunden, die einen Abnahmevertrag für „grünen“ Stahl unterzeichneten. Dieser wurde am 17. April 2023 in einen verbindlichen Sieben-Jahres-Liefervertrag im Wert von über 250 Mio. Euro überführt. Geplanter Lieferbeginn ist im Jahr 2026.

H2 Green Steel


Um in naher Zukunft Vormaterial mit niedrigem CO2-Fußabdruck zu beziehen, ist die strategische Partnerschaft mit dem neuen schwedischen Stahlerzeuger H2 Green Steel für uns ein elementarer strategischer Baustein. Denn das innovative Start-up wird im Vergleich zu traditionellen Hüttenwerken bei der Produktion von Stahl rund 95 % weniger CO2-Emissionen ausstoßen.

Wie das geht? In Nordschweden, wo das 5-Millionen-Tonnen-Stahlwerk aktuell gebaut wird, steht viel Energie aus regenerativen Quellen zur Verfügung. Gleichzeitig lassen sich völlig neue Konzepte umsetzen. Bis 2025/2026 werden auf einem rund 270 Hektar großen Gelände in Boden-Luleå Wasserstoff-, Eisen- und Stahlerzeugungsanlagen entstehen.

Bis 2035: Schritt für Schritt zur CO2-Neutralität

Wir wollen die Erwartungen von Kunden und anderen Stakeholdern branchenführend vorwegnehmen: Bereits im Frühjahr 2021 beschloss die Geschäftsführung der BILSTEIN GROUP, dass spätestens 2035 die Produktions-, Logistik- und Verwaltungsprozesse in allen deutschen Unternehmen der BILSTEIN GROUP CO2-neutral betrieben werden – sofern bis dahin eine ausreichende Verfügbarkeit CO2-freier (erneuerbarer) Energieträger (Strom bzw. Wasserstoff als Ersatz für Brenngas) gewährleistet ist. Darüber hinaus haben wir uns verpflichtet, in Abhängigkeit von Vormaterialverfügbarkeit und Kundenerwartungen bis spätestens 2035 einen gewichtigen Anteil unserer Vormaterialbeschaffung auf entweder CO2-neutral erzeugtes oder mit deutlich niedrigerem CO2-Ausstoß produziertes Material umzustellen.